• Galerie für Gegenwartskunst
  • Galerie 1; Galerie 2
Foto: Ted Davis, OscillTypo + OscillBody, 2017, courtesy of the artist | Fotograf: M. Doradzillo

Regionale 18

Gesamtkunstwerk

Sa 16.12. | 14:00 Uhr

Zeitgenössische Kunst im Dreiländereck
Art contemporain de la région tri-rhénane

Ausstellung: Fr, 24.11.2017 – So, 07.01.2018

>> Jetzt anschauen: Interview mit Ted Davis (CH/ REGIONALE 18) in Kooperation mit MOVING IDEAS – Filme für Forschung und Kultur in der Galerie für Gegenwartskunst zu der Regionale 18 Ausstellung.

Ted Davis is a Media artist working at the intersection of art, coding and design. He started programming as a teenager and as student of design he got fascinated by the outcomes of glitches, i. e. intentionally causing errors in media that surprises the viewer on the surface.

Erfahrt mehr über seine Arbeit/ MORE ABOUT Ted Davis AND HIS WORK:

Moving Ideas.arts – Ted Davis

Gesamtkunstwerk:

Der ungarische Künstler und Bauhauslehrer Laszlo Moholy-Nagy stellte in seinem Buch Neuer Künstler (1921) unterschiedliche Erkenntnisarten zusammen, um das Potenzial ihrer Synthese zu erkunden. Ihm schwebte eine neue Kunst vor, die die isolierten Gestaltungsgebiete zu einem allumfassenden Gesamtkunstwerk zusammenführte. Die neue künstlerische Einheit aus Licht, Ton, Bild, Sprache und Raum sollte die Sinnesempfindung der Betrachter erweitern und eine vollständige Reform aller Lebensbereiche einleiten. Das Gesamtkunstwerk als Werkform geht auf Richard Wagners Konzeption zurück. Sie wurde insbesondere von der Kritischen Theorie als totalitär und manipulierend problematisiert.

Wie kann man 100 Jahre nach Moholy-Nagy über das Gesamtkunstwerk nachdenken? Welche künstlerischen Ausdrucksformen nimmt es heute an? Welche Rolle spielen digitale Medien, die immersive, partizipative Räume aus Klang, Farbe, Licht und der vierten Dimension schaffen? Und welche Wirkung geht ihnen aus?

Randall Packer und Ken Jordan argumentieren in Multimedia. From Wagner to Virtual Reality (2001), dass heute insbesondere computer- und internetgesteuerte multimediale Installationen darauf angelegt sind, alle Sinne ansprechen und die Wahrnehmung zu steigern.

Das neue Gesamtdatenkunstwerk als hybride Ausdrucksform der Verbindung von Ton, Sprache, Bild, Licht und Technik und Codes ist für sie ein Territorium für Interaktion und Kommunikation, wo Bedeutung zwischen Beobachter und System offen, demokratisch, nichthierarchisch, fließend ausgehandelt werde.

Anlässlich der Regionale18 erproben vier KünstlerInnen komplexe Form- und Bedeutungsvernetzungen und fragen nach ihrer totalitären, manipulativen aber auch ihre positiv transformierend, befreienden Wirkung.

Galerie 1

Kriz Olbricht, WERK, 2017, (1) Rauminstallation

Kriz Olbricht hat sich mit der ganzheitlichen Designkonzeption von Friedrich Kiesler aus den 1930er-Jahren, der Arbeit An Exhibit von Richard Hamilton und Victor Pasmore, dem Merz Bau von Kurt Schwitters und dem Proun Raum von El Lissitzky beschäftigt. Doch geht es auch Baufehler, Ruinen, Improvisiertes und persönliche Erfahrungen, die in die Gesamtinstallation einfliessen. Der Titel spielt auf das Gesamtwerk eines Künstlers an wie auf die Gesamtheit des Raumes als Werk.

Galerie 2

Ted Davis, OscillTypo + OscillBody, 2017 (2), Interaktive audiovisuelle Rauminstallation

In Ted Davis’ Installation stehen vier Oszilloskope im Raum. Die von den ihnen erfassten elektrischen Signale werden in ein Gesamtkunstwerk aus Bild und Ton verwandelt. Eine Tiefenwahrnehmungskamera erfasst die Silhouette des Besuchers als Linie. Die Graphen als bildliche Zeichen werden anschliessend durch die Programmierung des Künstlers in Tonsignale umgewandelt, die vier Positionen einer pentatonischen Tonleiter einnehmen. Gleichzeitig moduliert er die elektrischen Impulse der Körpererkennung mit einer beliebigen typografischen Form zu Buchstaben. Ted Davis verwendet für die Ausstellung in Freiburg die Type der Hausschrift des E-WERKs.

Der Künstler konvertiert durch den Computer Bildern in Ton, mischt sie in verschiedenen Graden und gibt sie anschliessend als Bilder auf den Oszilloskopen wieder. Dabei nutzt er die akustischen wie auch die visuellen Möglichkeiten der Transcodierung von elektronischen Signalen und die unendliche Auflösung von analogen Anzeigen. OscillTypo + OscillBody untersucht das gestalterische Potenzial der Vektoranzeige von Oszilloskopen und erzeugt ein audiovisuelles Hybrid aus Graphen, die Bilder und Töne.

Astrid & Ephraim Wegner, raum||klang||farb(e), 2017, (3), Interaktive audiovisuelle Rauminstallation

Auf sechs Super-8-Projektoren laufen kurze Filmloops. Sie setzen geometrische Elemente aus suprematistischen Bildkompositionen von Kazimir Malevich im Raum frei. Dazu wurde ein Schwarmalgorithmus verwendet und das Ergebnis im Anschluss auf analoges Filmmaterial übertragen. Die Endlosschleifen der Filmbilder treten in Beziehung zu einer Musikkomposition, in der sich das Rattern des analog-mechanischen Maschinengeräuschs der Projektoren mit digitalen Tonspuren aus sechs Lautsprechern verbindet.

Für die digitalen Klänge nutzen Ephraim & Astrid Wegner den Computer als körperloses Instrument, das Musik aus Zahlenreihen generiert. Als ökonomische Maschine verfolgt der Computer das Gesamtsystem über die digitale Cloud und erzeugt eine eigenständige Komposition über die gesamte Ausstellungszeit. Dazu erfassen Kameras die Schattenbilder der Besucher vor den Projektionsflächen, die Veränderungen im Kompositionsverlauf auslösen.

In der Apparatur strömen Kräfte aus verschiedenen Quellen zusammen. Schleifen werden gebildet aus Lichtbildern und Raum, aus den Verhältnissen von mathematischen Körpern zu klanglichen Gebilden, aus menschlichen Körpern und schwingenden Lautsprechermembranen. Zahnräder und Zahlenreihen, Licht und Schatten, Menschen und Maschinen sind Teil des Orchesters.

www.anti-matter-plant.org

Miriam Coretta Schulte & Johanna Hilari, a night called layla, 2017, (4), Lecture Performance,
Dokumentationsvideo

Arabisch hat in den letzten Jahren im deutschen Sprachraum an Präsenz gewonnen, allerdings beherrschen immer noch nur wenige diese Sprache. Das Team von a night called layla schloss sich zusammen, um Hocharabisch mit Google Translate und Objektchoreografie zu lernen. Vor Publikum teilen die Performerinnen diese Lernvorgänge in Form einer Lecture Performance mit. Sie testen dabei die Anwendbarkeit ihrer neu entwickelten Lerntechniken und erarbeiten sich ein eigenes Sprachamalgam.
In Abkehr von rein kognitiven Lernmethoden nähern sich Miriam Coretta Schulte & Johanna Hilari der arabischen Sprache über Bewegung und körperliche Zustände. Sie verwenden Muscle Memory und choreografische Automatismen: Lernen wird als somatische Verwirrung und als mentales Schwitzen praktiziert.

Für das Kernteam Schulte/Hilari/Insignares von a night called layla ist das Projekt die Weiterentwicklung eines längeren Forschens zur Frage, warum wir tanzen. Welche Motivationen und Funktionen schreiben wir heute und in historischer Perspektive dem Tanz zu? Zugleich ermöglich die Arbeit eine Auseinandersetzung mit der arabischen Sprache und die mit ihr verbundenen Klischees zu überwinden.

2014 entwickelten Schulte und Catalina Insignares Martinez die Mnemotechnik „Hack-No-Tech“, die es ermöglicht, Informationen mit Hilfe von Bewegung im Körper abzuspeichern. Hack-No-Tech, Kurzform für „hackers non-technologiques“, entstand in Paris bei dem Versuch, auf absurde Weise die Emanzipation eines subjektiven Gedächtnisses einzufordern: Was von außen wie Tanz aussieht, ist eine Erinnerungstechnik, die mentale Aktivitäten durch Körpereinsatz unterstützt. Dabei werden einzelne Informationen mit abstrakten Bewegungen assoziiert und auf systematische Weise verknüpft. 2016 entwickelte Schulte das Solo „Hack-No-Tech – My Memory For You“ (Mai 2016 im Roxy Theater in Basel) und überprüfte dabei die Methode auf ihre Tauglichkeit in Bezug auf visuelle Erinnerung.

Das fertige Solo erinnert zwar an eine tänzerische Bildbeschreibung, allerdings wurde auch deutlich, dass Hack-No-Tech nicht wie ein Zeichensystem und somit nicht wie eine Sprache funktioniert. Um die Technik weiter herauszufordern, entstand die Idee, Hack-No-Tech statt zum bloßen Erinnern auch zum Lernen einer Sprache anzuwenden. 

ÖFFNUNGSZEITEN GALERIE 1 & 2 Do & Fr 17 h – 20 h | Sa 14 h – 20 h | So 14 h – 18 h |

EINTRITT frei

kuratiert von Heidi Brunnschweiler

Teilnehmende KünstlerInnen Regionale 18: Ted Davis (CH), Kriz Olbricht (D), Miriam Coretta Schulte & Johanna Hilari (D/CH), Ephraim & Astrid Wegner (D)

————————————————————–

Programm Regionale 18:

Mo, 27.11.2017, 20:00 Uhr, Premiere: SCHWAN KREBS HECHT, PERFORMANCE, Galerie 2

Di, 28.11.2017, 20:00 Uhr, SCHWAN KREBS HECHT, PERFORMANCE, Galerie 2

Mi, 29.11.2017, 20:00 Uhr, SCHWAN KREBS HECHT, PERFORMANCE, Galerie 2
>> Eintritt jeweils: 15 €/ Erm. 10€

So, 03.12.2017, 17 Uhr, Artist Talk: Digitale Künstlerische Praxis mit Ephraim & Astrid Wegner | Ted Davis

19 Uhr, anschließend musikalische Live-Aufführung der Filmmusikklasse der Musikhochschule Freiburg zu Dziga Vertovs Dokumentarfilm im Rahmen der russischen Kulturtage und der Regionale 18,
Kammertheater E-Werk.

So, 17.12.2017, 14.30 Uhr, Bustour nach Freiburg zur Regionale 18, Führung Galerie 1 & 2, E-Werk.

So, 7.01.2018, 18 Uhr Vortrag & Diskussion von Frau Prof. Dr. Angeli Janhsen zum Thema Gesamtkunstwerk.
20 Uhr, anschließend musikalische Live-Aufführung der Filmmusikklasse der Musikhochschule Freiburg zu Dziga Vertovs Dokumentarfilm im Rahmen der russischen Kulturtage und der Regionale 18, Kammertheater E-Werk.

——————————————————-

Weihnachtspause GALERIE 1 & 2: vom 23.12.2017 – bis 03.01.2018

Gefördert durch: Regio Artline – ein Kulturengagement der Sparkassen Versicherung, die Kulturstiftung des Bundes und das Zwetajewa Zentrum Freiburg im Rahmen von Spurensuche: 100 Jahre Russische Revolution, Russische Kulturtage in Freiburg 2017,der Pro Helvetia Schweizer Kulturstiftung, Kulturamt Stadt Freiburg. Die Lecture Performance von Miriam Coretta Schulte wurde unter durch die Abteilung Kultur Basel-Stadt.


Künstler-Seite »